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Nähere Informationen zur Gruppenarbeit:

Sekundärprävention am Beispiel sozialtherapeutischer Gruppenarbeit

Die Gruppe für Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen aus der Kindheit
(Carmen Bremer, Dipl. Soz.-Päd. (FH), Gestalttherapeutin – Wendepunkt e.V. Freiburg)

In den vergangenen Jahren bekamen wir im Rahmen unserer Beratungstätigkeit immer wieder Anfragen bezüglich einer Gruppe für Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit. Aufgrund dieser Nachfragen haben wir ein spezifisches Gruppenangebot entwickelt.

Hintergrundinformationen:
Sexuelle Missbrauchserfahrungen in der Kindheit, die oftmals jahrelang verdrängt wurden, können noch Jahrzehnte nach dem Missbrauch sowohl das Privat- als auch das Berufsleben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Sie haben Partnerschaftsprobleme, leben oft sehr isoliert, sind von verschiedensten Ängsten und/ oder Aggressionen beherrscht, verfügen über wenig Selbstbewusstsein und können nur schwer Vertrauen zu ihren Mitmenschen aufbauen, um nur einige mögliche Auswirkungen zu nennen. Die traumatischen Erfahrungen der Kindheit sind in Körper und Seele gespeichert. Verdrängung hilft nur für einen beschränkten Zeitraum.

Viele dieser Frauen haben bereits jahrelange Therapieerfahrungen, zum Teil waren Sie auch schon monatelang in stationärer Behandlung.
Ihr seelischer und körperlicher Zustand hat sich meist verbessert, ist aber nicht stabil.

Die Gruppenarbeit:
Die Arbeit in der therapeutisch begleiteten Gruppe hat sich, speziell bei Menschen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen, sehr bewährt. Der geschützte Rahmen bietet ihnen die Möglichkeit aus ihrer inneren Isolation herauszutreten, sich verstanden und angenommen zu fühlen. Sie können neue Erlebens- und Verhaltensweisen für sich entdecken und in einer sicheren Umgebung ausprobieren. Schuld- und Schamgefühle der Frauen können allmählich in der vertrauensvollen Atmosphäre der Gruppe geäußert werden. Sie sind mit ihren Gefühlen nicht mehr allein, spüren Wertschätzung und Verständnis.

Rahmenbedingungen:

  • Vorgespräche: Ein mindestens einmaliges kostenfreies Vorgespräch für eine mögliche Gruppenteilnahme ist Voraussetzung. Das Vorgespräch übernimmt eine Person, die die Frauengruppe leiten wird.

    Das Gespräch dient der:

  • Information über Rahmenbedingungen der Gruppenteilnahme und über Arbeitsmethoden der Therapeutinnen
  • Kennenlernen der Frauen- ihrer Motivation, ihrer Erwartungshaltung an die Gruppe, an die Therapeutinnen und an sich
  • Angstabbau gegenüber der Leitung und den möglichen Inhalten der Gruppenabende
  • Einschätzung der Belastbarkeit der Frauen, Informationen über die soziale Einbettung und ggf. über zusätzliche einzeltherapeutische Begleitung
  • "Kurzanamnese"
  • "Gruppentauglichkeit"

Inhaltliche Arbeit:
Die beiden Therapeutinnen arbeiten vorwiegend mit den Methoden aus der Gestalttherapie, mit Gespräch, mit Phantasiereisen, Körper- und Wahrnehmungsübungen. Einzelarbeit und Gruppengespräch wechseln sich ab. Ausgangspunkt ist jeweils die aktuelle Situation der Frau. Sie bestimmt wieweit sie gehen kann und will, findet und definiert so allmählich die eigenen Grenzen (wieder). Im Kontakt zu sich und den anderen kann sie ihre Stärke entdecken und den Zugang zu den eigenen Kraftquellen und Ressourcen finden. Im Vordergrund der Arbeit steht immer die aktuelle Situation der Frau. Die (Einstiegs-) themen können beispielsweise Mobbing am Arbeitsplatz, Wohnungswechsel oder Auseinandersetzungen im Freundeskreis sein. Oft werden im Verlauf der Arbeit daran "alte" Themen und Ängste spürbar, Gefühle der Ohnmacht, Wertlosigkeit, Angst die Situation nicht bewältigen zu können. Hier ist die Chance neue Erfahrungen machen zu dürfen. Dieses Mal sind sie nicht allein, haben die Unterstützung der Gruppe.

Gegen Ende der Gruppe wird es dann auch möglich besonders intime und häufig lang vermiedene Fragen stellen zu können. Dazu gehört, das in der Regel ausgesparte Thema "Sexualität". Körper und Sexualität sind Bereiche, die seit den letzten beiden Gruppen als feste Bestandteile der Abende integriert sind. Anfänglich hat die Vorstellung über Sexualität, sexuelle Vorlieben, Ausrichtung, Wünsche, Ängste und Vermeidungsstrategien reden zu können, viel Skepsis, Zurückhaltung und kurzfristig zum Teil panische Gefühle ausgelöst. Je mehr wir uns aber der Thematik annäherten, so deutlicher wurde, das große Interesse der Frauen daran und die zunehmende Offenheit sich damit auseinandersetzen zu wollen. Im Mittelpunkt stand vorerst die Wahrnehmung des eigenen Körpers; Empfindungen und Gefühle zulassen dürfen, das Eingeständnis und Spüren eigener sexueller Wünsche und Bedürfnisse. Ein erster Schritt meinen Körper wieder gern haben zu dürfen, für ihn gut sorgen zu wollen und ihn als mir zugehörig empfinden zu können und zu dürfen - denn er trägt keine Schuld am sexuellen Missbrauch!

Sekundärprävention mit sexuell missbrauchten Frauen verstehen wir zum einen als Teil der Aufarbeitung und somit der Integration der traumatischen Erfahrungen in ihr Leben und zum anderen als Stärkung ihrer Persönlichkeit und somit größeren Schutz vor zukünftigen potentiellen Grenzverletzungen. Das erfordert von den einzelnen Frauen die Bereitschaft zur Aufgabe der Opferrolle und beinhaltet damit zugleich die Chance in ein aktiv gestaltetes und selbstbestimmtes Leben eintreten zu können.

Der überwiegende Teil der teilnehmenden Frauen nimmt zusätzlich einzeltherapeutische Begleitung in Anspruch. Nach unseren bisherigen Erfahrungen hat sich das als sehr positiv herausgestellt. Zu hören von den sexuellen Missbrauchserfahrungen der anderen Frauen kann auch zu einer momentanen Überforderung führen. Im Verlauf des Gruppenprozesses ist es leider nicht immer möglich, dies sofort aufzugreifen, daher ist es sowohl für die Teilnehmerinnen als auch für uns sehr entlastend zu wissen, dass sie in den nächsten Tagen innerhalb der Einzeltherapie Zeit und Raum haben, ihr Thema anzusprechen. Wichtig ist, dass Einzeltherapie und Gruppenarbeit sich unterstützen und nicht gegeneinander arbeiten. Dazu benötigt es größtmögliche Transparenz; Informationen seitens der Teilnehmerinnen und gegenseitige Wertschätzung der TherapeutInnen!