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Brief an Mutter

Mutter ich verdanke Dir
heute meine krummen Beine
ich verdanke Dir das Herz
das in einer toten schlägt.

Du schautest immer, schautest nur
ob such die Dinge selber lösen.
Sicher drehte sich die Welt
auch am anderen Morgen noch
und aus meinem Bette stand
jeden Morgen jemand auf.

Der Mord an mir hast Du im Stillen
und bis heute nicht entdeckt
hast mich jeden Abend noch
für meinen "Vater" zugedeckt.

Bist jeden Morgen mehr versteinert
es wohnte Jahre niemals mehr
ein Kind in deinem schwarzen Haus
es gingen nur leblose Beine
Treppen auf und Treppen ab
und wuschen abends das Geschirr.

Du spieltest Deine Rolle gut
die Du Deine Herz versteinert hast
allein weil es bequemer war.
Keine Zunge rührtest Du
und kein Finger, keinen Blick.
Es war nur Grau in diesem Haus
Die Wände hatten keine Farbe.

Eva Stein


Halten

Halten – das heißt
Nicht weiter – nicht näher – nicht einen Schritt
Oder heißt Schritthalten
Ein Versprechen – mein Wort
Oder Rückschau

Halten – dich
Mich zurück – den Atem an – mich an dich
Dich fest aber nicht
Dir etwas vorenthalten

Halten – dich in den Armen
In Gedanken – im Traum – im Wachen
Dich hochhalten
Gegen das Dunkel
Des Abends – der Zeit – der Angst

Halten – dein Haar mit zwei Fingern
Deine Schultern – dein Knie – deinen Fuß
Sonst nichts mehr halten
Keinen Trumpf – keine Reden
Keinen Stecken und Stab
Und keine Münze im Mund

Erich Fried


Ich glaube daran,
dass das größte Geschenk,
das ich von jemanden empfangen kann,
ist,
gesehen, gehört, verstanden
und berührt zu werden.
Das größte Geschenk,
das ich geben kann,
ist,
den anderen
zu sehen, zu hören, zu verstehen
und zu berühren.
Wenn dies geschieht,
entsteht Kontakt.

Virginia Satir